Komponisten in dunkler Zeit

Trauermarsch

aus Klaviersonate b-Moll op.35
von Frédéric Chopin

Amelie S.

Frédéric Chopin

Der Komponist, Pianist und Klavierpädagoge Frédéric Chopin, geboren 1810 in Polen und gestorben 1849 Paris, besaß die französische und polnische Staatsbürgerschaft, da seine Eltern französischer sowie polnischer Herkunft waren.

1934 wollte Hitler eine Versöhnung mit Polen, um das Land als außenpolitische Stärkung und Partner für Krieg gegen die Sowjetunion zu gewinnen. Propagandaminister Goebbels sollte mit einem Medienabkommen diese Freundschaft herbeiführen. Musikalisch muss der polnische Nationalheld Chopin dafür herhalten: Deutsche Rundfunksender spielen sehr häufig Chopin, in deutschen Opernhäusern werden Ballette zu Chopin getanzt, Deutschland unterstützt Polen finanziell beim Erwerb kostbarer Chopin–Handschriften.

Absurderweise versuchten die Deutschen mit Ahnenforschung nach Chopins eventuell existenten deutschen Wurzeln zu suchen, die sie allerdings nicht fanden. Das Ziel der Deutschen war es, die kulturelle Identität Polens zu brechen, um sie dadurch zu schwächen: Deutsche Soldaten sprengten 1940 das Warschauer Chopin-Denkmal und vernichteten fast alle seine Kopien (eine letzte wurde versteckt). An der Stelle des Denkmals war wenig später eine Karte mit der Aufschrift zu sehen: „Ich weiß nicht, wer mich zerstört hat, aber ich weiß warum: damit ich für euren Führer nicht den Trauermarsch spiele.“

Der Trauermarsch wird in „PikAss“ von Julius Marx erwähnt.

Fotoporträt von 1849 © Louis-Auguste Bisson, Musée de la Musique

Fotografie von 1871
© Franz Hanfstaengl

Richard Wagner

Der deutsche Komponist, Dramatiker, Dichter, Schriftsteller, Theaterregisseur und Dirigent Richard Wagner wurde 1813 in Leipzig geboren und verstarb 1883 in Italien.

Wagner arbeitete zwar mit Juden zusammen, veröffentlichte aber auch einen Aufsatz mit den Worten: Es gelte „den Einfluss der Juden auf unsere Musik(…) zu bekämpfen.“ Später wurde Wagner zum Lieblingskomponist fast aller nationalsozialistisch gesinnten Deutschen, da er laut ihnen „arische“ Vorlieben hatte (germanische Heldensagen, christliche Mystik etc.). Seine Musik wurde bei Aufmärschen, Ansprachen und Rundfunksendungen gezielt eingesetzt.

In Israel herrschte deshalb auch jahrzehntelang die Übereinkunft, Wagners Werke nicht mehr aufzuführen. Tatsächlich stellt sich in Bezug auf Wagner die Frage: „Wie weit darf man bei der Gleichsetzung von einem Künstler und seiner Musik gehen?“

Richard Wagner gilt weiterhin als künstlerische und moralische Reizfigur.

Olivier Messiaen

Der französische Komponist, Kompositionslehrer und Organist Olivier Messiaen wurde 1908 in Frankreich geboren und starb dort 1992.

1939 wurde Messiaen zum Kriegsdienst bei der französischen Armee einberufen und geriet 1940 für neun Monate im Görlitzer Stammlager in deutsche Kriegsgefangenschaft.

Dort komponierte er das „Quatuor pour la fin du temps“ (Quartett für das Ende der Zeit) fertig und führte es zusammen mit anderen Lagerinsassen in einer ungewöhnlichen Besetzung (Violine, Klarinette, Cello und Klavier) auch zum ersten Mal auf.

Fotografie von 1937
© Ministère de la Culture – Médiathèque de l’architecture et du patrimoine, Dist. RMN-Grand Palais / Studio Harcourt
Fotografie aus dem Jahr 1921
© Joseph Rosmand

Francis Poulenc

Der Pianist und Komponist des 20. Jahrhunderts, Francis Poulenc, wurde 1899 geboren und verstarb 1963 in Paris.

Poulenc erhielt während der deutschen Besetzung Frankreichs (1940-1944) anonyme Texte von französischen Widerständlern, welche versteckt zum Widerstand auffordern. Poulenc vertonte diese und ließ sie heimlich drucken, um sie nach der Befreiung aufführen zu können (engl. Erstaufführung 1945).

Er fasste seine daraus entstandenen Kompositionen zu einer Kantate zusammen: „Figure humaine“ („Menschliches Antlitz“).

Das in dem Werk enthaltene Gedicht „Liberté“ („Freiheit“) ruft bereits offener zum Widerstand auf.

Amelie S.

Freiheit

Auf meine Schulhefte
Auf mein Pult und die Bäume,
In den Sand, in den Schnee
Schreibe ich deinen Namen.

Auf alle gelesenen Seiten,
auf alle leere Seiten,
Stein, Blut, Papier oder Asche.

Schreibe ich deinen Namen.
(…)
Und durch die Kraft eines Wortes
beginne ich mein neues Leben.
Ich bin geboren, dich kennenzulernen,
und dich zu nennen: Freiheit.

Paul Éluard (Übersetzung Heidi Fritz)

Paul Éluard, Fotografie aus dem Jahr 1945 © Studio Harcourt