Widerstand – historische Beispiele

Widerstand in Freudental

Den Widerstand in Freudental kann man als passiven Widerstand bezeichnen (siehe: „Was ist Widerstand?“). Einige Freudentaler hatten sich solidarisch mit den jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern gezeigt und dafür Schmierereien an ihren Hauswänden vorgefunden.

Besonders spannend ist die Person des Bauern Hermann Hofmann. Als er in seiner Absicht, eine verstorbene Jüdin mit seinem Pferdefuhrwerk zum Friedhof zu bringen, auf dem Weg von NS-Parteimitgliedern beschimpft wurde, entgegnete er, er könne mit seinen Pferden machen, was er wolle. Der Sohn der verstorbenen Jüdin, Siegbert Wertheimer, hat dazu vor der Spruchkammer beim Verfahren gegen Ludwig Bauer (Lehrer und Ortsgruppenleiter der NSDAP) ausgesagt. Ein Auszug aus seiner Aussage ist im Folgenden nachzulesen:

„Am 5. April 1936 wurde meine Mutter zur letzten Ruhe gebracht. Frau Bauer konnte es nicht verbergen, ihre Freude darüber zu bekunden, dass eine Jüdin weniger da sei. Herr Bauer und der damalige Kreisleiter Glaser aus Bönnigheim scheuten sich nicht, den in Bewegung gesetzten Leichenzug anzuhalten, und sagten zu dem Leichenführer Hofmann, wie er dazu käme, die Jüdin zu führen. Dieser erklärte, er kann mit seinen Pferden machen, was er wolle.“

Siegbert Wertheimer, New York, December 3 – 1947 Entnommen aus Freudental ´38. Eine Ermittlung; Steffen Pross; 2009

Der Mut dieses Bauern ist besonders hervorzuheben. Kleine Gesten machen einen Unterschied – das wird hier deutlich. Jedoch erschreckt uns, inwieweit das NS-Regime ins alltägliche Leben eingegriffen hat und sogar solch eine Form der Anteilnahme wie die des Bauern verhindern wollte.

Mehr über die Freudentaler und ihre Geschichte erfährt man auf der Website des PKC Ehemalige Synagoge Freudental – ein Besuch lohnt sich!

Der jüdische Friedhof in Freudental
© PKC Ehemalige Synagoge Freudental
Der Grabstein von Fanny Wertheimer auf dem jüdischen Friedhof in Freudental
©PKC Ehemalige Synagoge Freudental
Fritz Gerlich © Johanna W.

Fritz Gerlich

Der Journalist Fritz Gerlich wurde am 15. Februar 1883 geboren und ist am 1. Juli 1934 gestorben. Er leistete bereits vor dem Beginn des zweiten Weltkriegs Widerstand, indem er sich als scharfer Kritiker und Gegner Adolf Hitlers in seinem Kampfblatt „Der Gerade Weg“ erwies. Am 9. März 1933 folgte die grausame Festnahme Gerlichs durch SA-Leute. Knapp eine Woche später wurde „Der gerade Weg“ verboten. Am 1. Juli 1934 wurde Fritz Gerlich hingerichtet. Besonders diese Form des Widerstandes hat uns beeindruckt, da Gerlich, wie Julius Marx, Schriftsteller war.
Auch Literatur kann also Widerstand sein, da sich die Leserinnen und Leser mit den Charakteren identifizieren und dadurch anders an das Thema herangeführt werden können. Auch wir haben über das Stück „PikAss“ einen neuen Eindruck und Zugang zur Thematik des Widerstandes und der Diktatur bekommen.

Mehr über Fritz Gerlich

Die Weiße Rose

Die „Weiße Rose“ leistete studentischen Widerstand gegen das NS-Regime.
Die Gruppe um die Geschwister Hans und Sophie Scholl bildete sich 1942 in München, wo beide studierten. Auch durch ihren Dozenten Kurt Huber geprägt, verfassten sie anonyme Flugblätter und verteilten diese. Am 18. Februar 1943 wurde die Gruppe vom Hausmeister erwischt, als Flugblätter in den Lichthof der Münchner Universität geworfen wurden. Am 22. Februar desselben Jahres wurden Hans und Sophie hingerichtet.
Die „Weiße Rose“ zeigt sinnbildlich auf, was es heißt, Zivilcourage zu beweisen.

Auch im Stück „PikAss“ wurde Widerstand durch eine Gruppe geleistet, in der besonders die Figur Anita dadurch Zivilcourage beweist, dass sie den Tyrannenmord begeht. Auch Pikass zeigt sich couragiert, weil er für seine Freundin Anita, die Gruppe und das Gesellschaftswohl stirbt.

Mehr über Sophie Scholl und die Weiße Rose

Sophie Scholl © Johanna W.
Peter von Wartenburg © Johanna W.

Kreisauer Kreis

1940 bildete sich der Kreisauer Kreis um Helmut von Moltke und Peter von Wartenburg. Dabei handelte es sich um eine bürgerlich-konservative Widerstandsgruppe mit Personen, die vorwiegend einen militärischen Hintergrund aufwiesen. Die Kreisauer setzten sich mit der Frage nach einer Neugestaltung Deutschlands auseinander, die auf Hitlers Herrschaft folgen könnte. Die Widerstandsgruppe unterhielt auch Kontakte zu anderen Widerstandskämpfern, wie z.B. Stauffenberg. Bis 1945 wurden einige der Mitglieder des Kreisauer Kreises hingerichtet.
Der Bezug zum Militär erinnert an die Figur des Pikass, der Fahnenflucht begangen – und somit sein Leben riskiert – hatte und sich letztlich der Widerstandsgruppe anschloss.

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Die Belter-Gruppe

Die Belter-Gruppe leistete Widerstand gegen die geistige Unfreiheit in der DDR. Bereits im Wintersemester 1949/50 gab es nämlich ein großes Aufkommen an FDJ-Studiengruppen (Freie Deutsche Jugend, Jugendorganisation der DDR). Herbert Belter war es, der zur Informationsbeschaffung Kontakte zum Rias (=Westdeutscher Rundfunk) knüpfte. Dieser Kontakt entpuppte sich schnell als Netzwerk zwischen den Studierenden, die sich ihre politische Haltung nicht vorschreiben lassen wollten. Die Gruppe war aber eher ein „loser Kreis gleichgesinnter Studentinnen und Studenten“ (Zitat eines ehemaligen Mitgliedes, siehe verlinktes Video). Auch inspiriert durch die Weiße Rose, die Widerstand gegen das NS-Regime leistete, fertigte die Belter-Gruppe Flugblätter an und verteilte diese, was zur Verhaftung einiger Mitglieder führte. Herbert Belter selbst wurde am 28. April 1951 erschossen.
Die Eigeninitiative von Herbert Belter und das Knüpfen des Kontaktes zum Rias kann mit dem Entschluss von Pikass verglichen werden, Fahnenflucht zu begehen und den Weg zu Anita und der Widerstandsgruppe zu suchen.

Mehr über die Belter-Gruppe erfahren Sie in folgendem Interview mit einem ehemaligen Mitglied der Belter-Gruppe oder auf der folgenden Seite der Universität Leipzig, die eine Chronologie der Belter-Gruppe veröffentlicht hat.

Amelie K., Johanna W. und Selina W.

Herbert Belter © Johanna W.